Das ist ein „Fachbegriff“ dafür, dass die eigene Perspektive und Erkenntnisbefähigung von dem beeinflusst, beeinträchtigt und gar behindert werden kann, was wir „beruflich“ tun. Eine solche Deformation zeigte Melanie Ammann bei Markus Lanz, in dem sie mit der Inbrunst der Überzeugung die Meinung vertrat, nicht die Medien hätten die Ampel zur Strecke gebracht, sondern deren innere Streitigkeiten.
Ich habe während der letzten zwei Ampeljahre die Headlines gesammelt, in denen die Ampel (und ihre Protagonisten) „heruntergeschrieben“ wurden: Das Mindeste, was man sagen muss: es war eine engagierte Partie PingPong, tatsächlich eine konzertierte Kampagne. Es wurden zahllose Unfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt, durchgestochene Entwürfe zerrissen, ganze TaskForces ausschliesslich damit beschäftigt, Robert Habeck zur Strecke zu bringen, später auch Olaf Scholz.
Sicher: AUCH die inneren Streitigkeiten führten zum Bruch, aber nicht NUR die.
Auch in der Sendung zeigte Frau Ammann, dass sie gar nicht gewillt ist, eine Frage ins Offene zu begleiten:
Robert Habeck hat analysiert, dass er auf den hinteren Bänken nicht in dem Sinne Einfluss gewinnen kann, wie ihm das, nach dem eigenen Anspruch und Selbstverständnis, notwendig erscheint; er realisiert vielmehr, dass er genau dafür NICHT das Mandat bekommen hat – während Frau Ammann auf der formalen Position herumreitet, dass er aber doch „ein Mandat habe“.
Die Nebensachen werden auf der Hauptbühne „verhandelt“ – und der Austragungsmodus ist einem Gekeife näher als einer sachlichen Gegenüberstellung von Interessen – worum es „wirklich geht“, kommt nicht auf die Agenda (oder wird im Vorfeld, im Planungs- oder Diskussionsstadium zerbröselt). Habeck sagt (ca. min 50:00) zurecht: „Das, was Sie beschreiben, darf man getrost als Strategie kennzeichnen – das ist also nichts, was droht, sondern was einige Leute bewusst herstellen wollen: die Unfähigkeit der liberalen Gesellschaft, Probleme zu lösen führt zur Abwicklung der liberalen Gesellschaft – das ist die Strategie.“
In dem Moment fehlt allerdings der Hinweis darauf, dass es auch formale Bruchstellen in der Verfasstheit der liberalen Gesellschaft gibt, die (auch ohne fremde Intervention) darauf hinwirken, dass die wirklichen Probleme nicht angefasst werden; später gibt es dazu ein paar Hinweise (die aber weder vollständig sind, noch analytisch nicht zusammengeführt werden): „Wenn alle [Politiker] wüssten, es ist das letzte Amt…[in meinem Leben]“ oder „Ein halbes Jahr keine Umfragen …“ oder die Mitgliedschaft der Minister in der Fraktion: „Man ist nicht Minister der Grünen, sondern Minister für Deutschland.“
In jedem Fall teile ich Habecks Hinweis: „Mit den Strukturen, die wir im Moment politisch haben“ … (sinngemäss weiter) sind wir nicht in Lage, die Probleme die wir haben so zu lösen, wie sie gelöst werden müssten.
Und ich teile auch seine Analyse, in einer Sackgasse gelandet zu sein. Halten wir uns nicht damit auf, dass kein Politiker, der sonst so im Angebot wäre, so selbstkritisch mit sich umgehen würde; halten wir umgekehrt fest, dass diese Form der offenen Selbstsicht vom Publikum deswegen nicht goutiert oder gar anerkannt wird, weil sie zugleich auf die (eigene Un-)Fähigkeit verweist, selbst ebenso kritisch mit sich umzugehen, Fehler einzuräumen und verlorene Positionen zu räumen. Habecks Abgang ist die richtige Schlussfolgerung: der Phoenix liegt in der Asche. Ich glaube, und erwarte sogar, dass nur dieser Abgang die Chance in sich trägt, mit einem neuen, mindestens modifizierten, vermutlich aber radikalisierten Angebot zurückzukommen.