Ich beschäftige mich schon eine ganze Weile lang mit dem Grundgesetz – und eigentlich mit der Verfassung.
Das GG ist keine Verfassung: dazu fehlt es bis heute an der Zustimmung des Volkes. Das Bundesverfassungsgericht ist – insofern – ein Etikettenschwindel. Entstanden ist es 1948, beteiligt waren 61 Männer und vier Frauen, der „Parlamentarische Rat“, dessen Delegierte „wurden nicht in allgemeiner direkter Wahl, sondern von den einzelnen Landesparlamenten gewählt. Entsprechendes galt für die fünf nicht stimmberechtigten Mitglieder, die die Berliner Stadtverordnetenversammlung am 6. September 1948 wählte.“ [Wikipedia] Die Arbeit des Rates wurde von einem „Kontrollrat“ überwacht, einem Gremium der Siegermächte. 1948 stand die „Einheit des Deutschen Volkes“ in den Sternen, und nicht zuletzt deswegen war der Parlamentarische Rat klug genug, das Grundgesetz für eine vorläufige Version einer späteren Verfassung zu erklären, die, dann, nach §146 GG, nur mit der Zustimmung des Volkes gültig würde. Die historische Chance, diese Verfassung im Zuge des Vereinigungsprozesses 1990 zu verfassen und zu beschliessen, wurde mit List und Tücke vermieden und, nach der damaligen Fassung des §23 GG
„Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, Bremen, …. In anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen.“
durch einen „Beitritt“ der ostdeutschen Länder zum Gültigkeitsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik ausgehebelt. Der Vorgang ist besonders schändlich, als im Vereinigungsprozess auf Initiative und unter Mitwirkung von Bürgern, (Staatsrechts-)Professoren UND Vertretern des „Runden Tisches“ eine komplett „neue, moderne“ Verfassung als Diskussionsgrundlage eines verfassungsgebenden Prozesses bereits ausgearbeitet vorlag, die insbesondere die (offenkundigen) Schwächen des Grundgesetz identifiziert und überarbeitet hatte.
Wäre mein Interesse lediglich historischer Natur, so gäbe es Substanz genug für eine spannende Recherche und eine Krimi-ähnliche Erzählung. Mein Interesse geht darüber hinaus. Es gab in der Diskussion um den formal-rechtlichen Vollzug der Wiedervereinigung die Anhänger des Beitritts nach §23GG und die Anhänger eines verfassungsgebenden Prozesses nach §146 GG. Erstere haben sich durchgesetzt, und es hat Stimmen gegeben, die die Auffassung vertraten, dass NACH dem Beitritt der §146 obsolet geworden sei, denn: Die Einheit war vollendet, das Grundgesetz hatte sich über Jahrzehnte bewährt – wozu dann noch der §146?
Überraschenderweise gibt es ihn immer noch!
Und DAS ist der Gegenstand meines fortdauernden Interesses. Noch ist dieses Interesse diffus und von zu wenig Kenntnissen ungenau; ich glaube, dass die „neue“ Verfassung von 1990 eine exzellente Grundlage für eine Wiederaufnahme der Diskussion um einen verfassungsgebenden Prozess ist – aber, inzwischen, neuerlich überdacht werden muss. Zu viele jüngere „äussere Einflussfaktoren“ stellen die Vornahmen von damals in Frage. Ich hoffe, im Verlauf weiterer Recherchen diese Einflussfaktoren und weitere offene Punkte genauer benennen zu können – jedenfalls ist dies mein eigentliches Interesse an der Diskussion. BTW: Sollte sich jemand angesprochen oder aufgerufen fühlen, diesem Gespräch beizutreten: ich bin auf Empfang.