Kapelle Petra führt uns in den neuen Tag

vorsorgen, besorgen, entsorgen

Wer Zeit hat, sorgt sich

 

Wir erleben mit der Corona-Krise einen welthistorischen Moment; und es fühlt sich an, wie irgendein Mittwoch. Vielen geschieht Schreckliches: Väter, Mütter, Freunde sterben. Und das kleinere Übel, Quarantäne mit Kindern in der Zwei-einhalb-Zimmer-Wohnung, ist auch schwer zu ertragen.

social distancing (©-GDJ [at] pixabay.com (-GDJ[at]pixabay[dot]com))

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Und bevor ich ins Aufzählen gerate: für Viele – jetzt Erkrankende, jetzt Arbeitslose, jetzt in Doppel-Schichten Arbeitende, jetzt in die Insolvenz schlitternde – und für viele mehr ist Leid und Schrecken existentiell. Nichts davon würde ich klein reden. Das Land fühlt mit, so etwas wie Solidarität liegt in der Luft, wenigstens mündlich.

Die Medien, mit Ausnahmen, wie immer – die Perversen von StoryMachine vorneweg –, die Mehrheit der Medien versucht einen angemessen Umgang mit der Nachrichtenlage: Dringlich ja, aber be-ruhigend, verantwortlich, wenn möglich. Die massgeblichen Virologen finden den richtigen Ton; erst später franst die Lage aus. Die Regierung regiert, die Opposition schmollt im HomeOffice, nur ein paar kommende Wahlkämpfer üben das strategische Stellungsspiel. Wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über: Auf Seiten der Bevölkerung halten sich Bundesvirologen und social media-Dompteure gegenseitig in Schach. Gut, die haben jetzt viel Zeit und keine Ahnung, was Sinnvolles sie noch tun könnten (nie gab es so viel aufgeräumte Kellerverschläge, die Müllabfuhr ächzt). Sensation schafft Aufmerksamkeit, wenigstens das fühlt sich an wie Leben; gerne mal wird man philosophisch, wenn von Toten die Rede ist; in den frühen Abendstunden wogen die Massen zwischen Sorge und Besserwissen.

Natürlich ändert das nichts, das Virus hört nicht hin.

Und „die Lage“ findet täglich statt, man fährt auf Sicht. Früher hat es einmal so etwas wie Planspiele gegeben, Vorausschau. Der Schrecken ist ja im Anmarsch. Neulich las ich „Booooooooom!“, es klang wie ein ein in die Hände klatschen, wie die Beckerfaust! Verlinkt war die Meldung vom Verfall des Ölpreises, minus 36 $ das Barrel. Kritische Fragen treffen schon mal die Demokratie, die Freiheit, die Verfassung; das Seltsame aber ist doch, dass die Dramatik nicht kollektiv wird. Noch nicht, vielleicht, aber immerhin. Der Eindruck überwiegt, dass 1929 heuer sehr viel bunter wäre. Die Denkenden wünschen sich einen Neuanfang, als könnte der Krug an ihnen vorüber gehen. Alkohol dagegen, so ist zu hören, verkaufe sich gut.

Es hat gewiss mit dem Wetter zu tun. Die gleiche Krise im November, also einem „typischen“ November, das wäre gleich etwas anderes. Aber so. Frühling, Sonnenschein. Gewiss, es fehlt an Regen, „das halt ich grad noch so aus“. In den Städten ist es anders, aber in der Region, in der Provinz, auf dem platten Land, da erscheint das mit dem Mundschutz doch etwas überkandidelt, irgendwie, oder! In der Fabrik nebenan bemisst sich das social distancing an der Werkzeuglänge: „Gib mal den Hammer.“ Gleichwohl sind überall die Strassen leer, jeder Satz beginnt mit Verständnis. Die Kulturschaffenden der Welt produzieren Hausmusik, das gelingt gelegentlich. Oft genug scheppert die Tonlage, selbst die Stones sind asynchron. Der gute Wille zählt, auch wenn die HighTech-Genüsse der Unterhaltungsindustrie etwas anderes waren.

Wer kann, grillt abends.

An irgendeinem Tag wird die Welt untergeh'n Doch an allen andern Tagen halt nicht