Klimaneutralität

Global Energie-Report 2019

braucht eine halbe Corona-Krise – per anno

16-06-2020
 

Enerdata
ist ein französisches Beratungsunternehmen mit Sitz in Paris, Grenoble und Singapore, das es sich (u.a.) zur Aufgabe gemacht hat, die globale Entwicklung des Energiemarktes zu beobachten – und insbesondere mit den Notwendigkeiten abzugleichen, die der Klimawandel und die diesbezüglichen Initiativen des IPCC fordern. Zu seinen Kunden gehören Regierungen, Organisationen und Energie-Unternehmen weltweit.

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In einem Webinar am 4. Juni stellten President Pascal Charriau und Head of Market Research Morgan Crenes den Global Energy Report 2019 vor, der über die Website des Unternehmens nachgefragt werden kann. 

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Chart 0
Einige der Ergebnisse erscheinen mir bemerkenswert.

Dass die Covid-19 Krise einen schrafen Einschnitt in die globale ökonomische entwicklung verursacht – und damit auch einen markanten Rückgang in der Energiestatistik ausgelöst hat – ein No-Brainer. Angesichts der gerade jetzt sehr dramatischen Zahlen zur Exportentwicklung und zur Consumer-Nachfrage allgemein ist es aber doch eine Frage wert: Wie scharf ist denn der Rückgang wirklich?

Minus 8,5%! Es ist wirklich ein massiver Einbruch; und doch … weniger vielleicht als erhofft! Gewiss, Anfang Juni ist das Jahresende noch weit. Grosse Konjunkturprogramme sind auf dem Weg, aber ob sie sofort greifen oder erst im nächsten Jahr ist noch nicht ausgemacht. Hinzu kommen die Entwicklungen in den USA, der Konflikt mit China, eine mögliche zweite Welle: in Summe ist es eher unwahrscheinlich, dass die Rückgänge beim GDP und den Umweltindikatoren geringer ausfallen. 

Ich bin hin&her gerissen, was ich wünschen soll!

Auffällig ist, dass der Rückgang der globalen CO2-Emissionen fast zweimal höher liegt als der (prognostizierte) Rückgang des GDP. 

Zunächst stand das abgelaufene Jahr 2019 im Vordergrund der Präsentation – die übrigens auf 45 Charts auch auf zahlreichen Einzelentwicklungen des Energiemarktes eingeht. Ich greife nur ein paar der übergreifenden Aussagen heraus.

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Chart 1
Das erste Chart, das Veränderungen 2018/2019 dokumentiert, macht deutlich, dass die Entwicklung im Energiesektor global sehr uneinheitlich ist. Zusammengefasst zeigte sich der Energieverbrauch auf einem neuerlichen Rekordhoch, das jedoch, wenigstens das, nur um 0,7% über dem Vorjahr lag; eine eher moderate Steigerung, die mit Blick auf den Klimawandel dennoch beunruhigen muss.

Im regionalen Überblick und den nationalen Werten sehen wir, dass der Rückgang des Energieverbrauchs auch unter normalen Bedingungen weltweit zu beobachten ist, mit Ausnahmen: Brasilien, Australien, Kanada.

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Chart 2
Dieser Rückgang wird im Blick auf die Energieintensität noch deutlicher, der einen Quotienten aus Verbrauch und GDP abbildet. In der langfristigen Betrachtung (rechter Teil des Charts) liegt der Rückgang dieses Parameters bei rund zwei Prozent (dunkelgrüne Linie).

Noch mehr als dieses Auseinanderdriften von Ursache und Wirkung, wie wir es in der Einstiegsaussage zu GDP und CO2-Emissionen gesehen haben, hat mich jedoch die Kernaussage dieser Präsentation getroffen, die mit der hellgrünen Linie repräsentiert ist. Pascal Charriau nannte sie beinahe nebenbei: „Wir brauchen jedes Jahr eine halbe Corona-Krise, um das 2-Grad-Ziel des Pariser Vertrages zu erreichen.“ Anders gesagt: das business as usual wird nicht hinreichen, die Ziele des Pariser Vertrages zu erreichen – und vom 1,5-Grad-Ziel ist da schon gar nicht mehr die Rede.

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Chart 3
Es ist nicht alles nur trüb und dunkel. Wenigstens eine Entwicklung könnte etwas Mut machen. Chart 3 zeigt, dass – bei einem signifikanten Rückgang der Gesamt-Energieerzeugung (dunkelgrüne Balken) in den ersten fünf Monaten 2020 die Nutzung von erneuerbaren Energien (orangene Balken) nachgerade explodiert ist.

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Chart 4
Stromerzeugung und Transport sind für rund 60% der Rückgänge der Emissionen verantwortlich. Die Kreise im unteren Teil des Charts zeigen, dass die Gewichte dabei regional sehr unterschiedlich sind. Die Balkengrafik darüber zeigt, wie sich der Anteil der CO2-freien Energieerzeugung im Powermix entwickelt hat. Der sehr hohe Anteil an CO2-freien Energien in Frankreich ist – natürlich – vor allem auf die hier dominierende Atomenergie zurückzuführen; gleichwohl ist hier, wie auch in Deutschland und USA, der Anteil der Atomenergie nach Kraftwerksstilllegungen insgesamt zurückgegangen, während zugleich der Anteil der erneuerbaren Energien überall gewachsen ist.

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Chart 5
Für die Prognosen in diesem Chart gilt zunächst, dass die Einbrüche und scharfen Rückgänge für sich keine nachhaltige Entwicklung repräsentieren. Kommt es zu einer wirtschaftlichen Erholung, und bei allem ökologischen Engagement tu ich mich schwer, etwas anderes zu wünschen, so sind die schönen Verluste rasch wieder verloren. Die verschiedenen Kurvenverläufe referenzieren auf unterschiedliche Szenarios, wobei die dunkelgrünen Prognosen vor der Krise und die orangenen solche nach/in der Krise zeigen. Dabei wird sehr deutlich, dass die Rahmenbedingungen der Erholung einen wirklich massiven Anteil auf die ökologische Gesamtentwicklung haben werden.

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Chart 6
fasst diese Aussagen zusammen.