Wir glauben nicht, was wir sehen

Eine Wahl haben

 

Revolution – oder nennen wir es: substantielle Umgestaltung – Revolutionen also, so habe ich in dem 3-teiligen Essay "Rinks & Lechts" gesagt, seien oft genug de facto nichts als ein unfriendly take over, das (mitunter gewaltsame) Ablösen der bestehenden Strukturen und die Einsetzung eines anderen, neuen Regiments.

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Wir haben diesen Sachverhalt verlernt und führen ihn uns nicht hinreichend und nicht in all seinen Konsequenzen vor Augen.

Jede Revolution geht gleich zu Anfang einher mit der Umwertung aller Werte – fast aller; anders als Obama machen Trump/Bannon genau das. Das macht Sinn, denn wer wirklich einen substantiellen Wechsel ins Werk setzen will, der gibt in dem Moment sein Spiel verloren, wo er dem Status Quo ante auch nur den kleinen Finger reicht. Obama ist daran gescheitert; „Yes – we can“ genügte ihm als Parole grad bis hinein ins Weisse Haus. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit ist Obama an seiner menschlichen Vernunft und seiner historischen Unvernunft gescheitert: er hat es versäumt, nach dem Wechsel auch für den organizational shift zu sorgen und hat damit der systemischen Unvernunft ihre kritische Masse belassen. Wie die Dinge liegen ist eine rationale Koexistenz, das berühmte bipartisanship, nichts als eine Fortbestandsgarantie der Vergangenheit.

Bestehende Strukturen, wenn sie nur lange genug Zeit hatten, verfestigen sich durch alle Bereiche des Systems; Nester der Abweichung werden eliminiert – was im Übrigen auch eine Vorbedingung davon ist, dass irgendeine Intention (und genau diese Intention ist ja der Gegenstand der politischen Frontenbildung) erfolgreich umgesetzt werden kann. Solange, sei es aus Bequemlichkeit oder aus ideologischem Widerstand, noch Reste des Ancien Regime Wirkungsbereiche reklamieren, schaffen sie damit nicht nur Rückzugsräume für die eigene Klientel sondern unterminieren kontinuierlich den Geist der Veränderung und sichern und legitimieren den Fortbestand der Opposition.

Weil das so ist, und wo das so ist, werden Revolutionen gewalttätig – und sehen sich durch die anhaltende“ Revolutionskraftzersetzung“ darin legitimiert. Deswegen sind Justiz und Presse der USA „die Feinde des Volkes“, und es ist absehbar, dass Trump früher oder später „gewaltsam“ gegen sie vorgehen wird: SO nämlich, wie es läuft, ist seine „substantielle Umgestaltung“ zum Scheitern verurteilt – und ihm gelingt nicht einmal das banale „enrichissez vous“. Und weil das so ist, ist der Konflikt mit den Geheimdiensten die eigentliche Schlacht, die Trump gewinnen will. Solange er diese mächtigen Apparate nicht domestiziert hat, kann er sich auch nicht gegen die institutionalisierte Demokratie durchsetzen. Wie die Dinge liegen, muss Trump einen US-Faschismus installieren, oder er scheitert und … wird aus dem Amt gejagt.

Der „minority report“ repräsentiert das Paradox unserer Zeit: Wir geben dem Weltenlauf stets noch „eine Chance“, und noch eine, und warten ab, ob das Unglück nicht vielleicht doch ausbleibt, obwohl wir die Zeichen sehen, lesen, verstehen. Wir glauben „Du hast eine Wahl, der Mensch hat immer eine Wahl.“ und glauben nicht an die innewohnende, zwangsläufige, konsekutive Logik der Entwicklung.