Palästina, ein Vorwand

Überfall der Hamas

Ende der Dialektik

 

Kippen schnippen am Pulverfass. Ukraine, Taiwan, Armenien, Israel – als würden die Lemminge diskutieren, über welche Klippe sie zu springen gedenken. Natürlich ist das eine falsche Metapher, die die Initiative von den Tätern auf die Opfer verschiebt. Aber von genügend weit oben, aus dem All etwa, wenn die Unterscheidung schwerer fällt, könnte man auf die Idee kommen, dass die Menschheit auf dem Vulkan tanzt.

Für die Jüngeren: das Halstuch ist ein Palästinenser-Schal

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Als ich 2017/18 – und streckenweise zusammen mit @Dirk Specht – daran ging, die Risiken zu analysieren, denen das Weltgeschehen ausgesetzt ist (Klima, Digitalisierung, Migration, Finanzindustrie), habe ich, haben wir mit Vorsatz solche Risiken unberücksichtigt gelassen, auf die „unsere Meinungsbildung“ ohnehin keinen Einfluss hat, sozusagen Zufälle oder „einsame Entscheidungen“: darunter der Krieg, aber auch die Pandemie. Das Argument: Aufklärung verhindert nicht, dass irgendwo auf der Welt ein Erreger mutiert oder in irgendeinem Führer-Bunker Entscheidungen getroffen werden – es spielt keine Rolle, dass auch diese Ereignisse grosse Risiken darstellen, wenn die Willensbildung „des Volkes“ keinerlei Einfluss oder Wirkung verspricht. Derlei Geschehen gehört in die Kategorie „Schicksal“.
Prompt wurde meine (unsere) Analyse mit Corona und dem Ukraine-Überfall bestraft und zugleich bestätigt.

Jetzt, so scheint mir, ist ein historischer Moment erreicht, wo die Meinungsbildung sehr wohl eine Rolle spielt, obwohl es sich neuerlich um den Krieg handelt.

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Mein Verhältnis zu Israel ist auf's Äusserste gespalten:

Ich bin mit jeder Faser Anti-Faschist und sehe die Verbrechen „der Deutschen“ an „den Juden“ als Ursache meiner fortdauernden Verantwortung und Schuld, obwohl ich lange nach dem Krieg in einen sozialdemokratischen Haushalt geboren wurde, in dem es (meines Wissens) keine Verbindungen zum Nazi-Regime gegeben hatte. Einer meiner Großväter war Halbjude, das ist Nazi-Diktion, der als Frontsoldat Tod und Verfolgung auf wundersame Weise entgangen ist; insofern ist Schuld UND Betroffenheit gleichermassen in meiner DNA verankert. Mit diesem und aus diesem Bewusstsein für wirkliche Verantwortung halte ich die tägliche, ritualisierte „Erinnerungskultur“ (sowieso) für lip services und (überdies) für kontraproduktiv.  

Dies vorausgeschickt, widerspreche ich der israelischen Politik so lange und so gut ich kann (– und die Regierung Netanjahu erfreut sich meiner tiefsten Verachtung).

Die international sanktionierte, nein: betriebene Landnahme Israels ist ein fortdauerndes Verbrechen an den Palästinensern, vielleicht sogar eine historische Wiederholung (siehe Buch Exodus); naja, da ist die Quellenlage neblig.

"Ein erster Grundstein wurde dafür beim ersten Zionistenkongress (1897 in Basel) unter der Führung Theodor Herzls gelegt; der Plan einer Staatsgründung nahm durch die britische Balfour-Deklaration von 1917 konkretere Formen an. Von 1920 bis 1948 bestand das Völkerbundsmandat für Palästina, das nach der Auflösung des Osmanischen Reiches Großbritannien übertragen worden war. Eine verstärkte jüdische Einwanderung und der Aufbau protostaatlicher Strukturen führten in dieser Zeit zu ersten Konflikten mit der arabischen Bevölkerung. Der UN-Teilungsplan für Palästina von 1947 hatte das Ziel, diese beizulegen, doch wurde er von arabischer Seite abgelehnt. Dennoch erfolgte am 14. Mai 1948 die israelische Unabhängigkeitserklärung, und unmittelbar danach begann der erste Palästinakrieg durch den militärischen Angriff der arabischen Nachbarstaaten auf den jungen Staat. Die folgenden Jahrzehnte der Geschichte Israels sind vom andauernden arabisch-israelischen Konflikt entscheidend geprägt." [Wikipedia]

Klar dagegen ist, dass der Holocaust wenn nicht Auslöser (der historisch im Zionismus verankert ist, der wiederum im Jahrhunderte-alten Anti-Semintismus seine Wurzeln hat), so zumindest entscheidender Treiber dieser Landnahme war. Das Unrecht ist eine Dominokette. Klar ist aber auch, dass der Umgang Israels mit den Opfern dieser „Annektion“ eine Schande ist. Oft genug habe ich die Entwicklung als Beweis des Satzes von George Santayana gelesen; allerdings in der Variante: „Wer seine Geschichte nicht verstanden hat (bei Santayana: erinnert), ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“

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Längst sind die andauernden Gewalttaten beider Seiten bis zu einem „moralischen Verbrechenspatt“ aufgeschaukelt, wobei Israel (nicht! die Juden), meine Sicht, bei den Schandtaten stets „Initiative“ gezeigt hatte – so dass ich, zweifelnd, aber doch, immer versucht war, die Verbrechen der Palästinenser (zu verurteilen: Entebbe, Opec ..., aber, Sabra und Schatila, Intifada …) als Reaktion zu verstehen. In dem argumentativen Minenfeld ist ein integrer Standort kaum zu bestimmen: ich habe die Lektion meiner „deutschen Schuld“ über Jahre dahin gehend interpretiert, FÜR die (vertriebenen, misshandelten, gleichsam einer israelischen Apartheit ausgesetzten) Palästinenser sein zu müssen. Das hat sich jetzt verkehrt:

Der jüngste Überfall der Hamas ist ein terroristischer Akt 

…, für den es keine Rechtfertigung gibt. Mindestens eine Einschränkung halte ich aber für gerechtfertigt und nötig: die Hamas ist eine Stellvertreter-Organisation des Irans; Palästinenser sind, soweit an diesem Überfall beteiligt, lediglich indoktrinierte, ausführende Marionetten, und die „Sache der Palästinenser“ liefert in diesem Geschehen nur noch einen historischen Vorwand für einen geo-politischen Konflikt. Die jetzt losgetretene israelische Reaktion (die FAZ zitiert Netanyahu mit dem Wort Rache) wird die Gewalt auf Jahre perpetuieren; und das wäre, so zynisch das klingt, noch die beste aller schlechten Entwicklungen.

Auch deswegen halte ich es für geboten, Stellung zu beziehen. Wir leben an der Schwelle eines dritten Weltkrieges – und es sind autoritaristische und faschistische Regimes, die die Entwicklung treiben. Natürlich lassen sich für jeden Konflikt (immer) dialektische Rahmenbedingungen auffächern … die es schwer machen, eindeutig zu urteilen. Irgendwann aber ist das auch egal und es bleibt nur noch ein „right of wrong, my country“; in Zeiten der Globalisierung allerdings in der eher verzweifelten, als propagandistischen Variante: „When the West is right and the East is wrong, you better decide which side your on.“