The China Syndrome

Über die gesellschaftliche Verfasstheit

Entschlossenheit, Demokratie – oder beides?

 

Auf Facebook kommentiert Dirk Specht einen Text aus der NYTimes über „China’s Xi Jinping Remakes the Communist Party’s History in His Image“. Die Notiz liegt schon ein paar Tage zurück, weil Facebook es für richtig befand, mir das erst gestern anzuzeigen …. Das macht aber nichts: die angesprochenen Fragen sind langfristiger Natur.

Die Chinesische Frage: Deutschland – Made in China?

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Hier die Quelle
und der Post:

  • „Wenn das durch ist, wird dort der Staatskapitalismus wieder durchstarten und die geopolitisch/ökonomische Machtausweitung beschleunigt. Egal, wie man dazu steht, die Entschlossenheit wird zu einem dominierenden Faktor in der Politik auf dem Planeten. Die Zeit der Langsamkeit ist längst vorbei, die Behäbigkeit der europäischen "Entwicklung" wird zu einem Risiko für unsere Zukunft.“

Zunächst hat mir der Zusammenhang mit der chinesischen Geschichtsklitterung nicht gleich eingeleuchtet, gleichwohl bringt Dirks Statement ein grundsätzlich lohnendes Thema aufs Tapet:

Ich teile die Anamnese:
es geht alles viel zu langsam!

Und doch ist, aus meiner Sicht, das Thema nicht eigentlich „die Entschlossenheit“ oder die „Behäbigkeit der europäischen Entwicklung“, sondern, leider, bereits „die Demokratie“, oder, um nicht in die falsche Richtung zu tuten, „die staatliche Verfasstheit“; und zwar ist es auch deswegen nicht allein „die Demokratie“ (also das Wählen), weil  zahlreiche Faktoren zusammenspielen, darunter „die Institutionen“, Parteien, Regierung, Justiz,… die Medien vor allem.

Ich möchte drei Aspekte kommentieren, die in dieser wichtigen Diskussion zusammen-, und leicht unter die Räder kommen:

  • die Demokratie
  • das „chinesische Modell“
  • die Diskussion der gesellschaftlichen Verhasstheit

 

I.
Nach dem allgemeinen Verständnis, so nehme ich es wahr, denken „wir“ uns in einem demokratischen Staat (wir hier: die Bevölkerung). Ich schreibe nur einen kleinen Blogbeitrag, da will ich nicht gleich das Grundgesetz „und alles“ ins Visier nehmen. Aber was genau an unserem Staatswesen im Sinne dieses Grundgesetzes (noch) demokratisch ist, da gibt es schon ein, zwei Fragezeichen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und in aller Kürze erstens:

Wen wir wählen können, regeln die Parteien, und das sind nicht-gewählte Körperschaften. Die dann von uns maidatierten und eigentlich „nur ihrem Gewissen“ verpflichteten Abgeordneten tun aber doch besser, was ihre Parteiführung beschlossen hat, ein nicht-gewähltes Gremium. Sie werden sonst schlicht kalt- und nicht wieder aufgestellt. Und was die Parteien wollen, das beschliessen deren Kommissionen, Fach- und Arbeitsgruppen, letztlich deren Chefs, und auch das sind nicht-gewählte Instanzen. Wer uns dann regiert, z.B. Laschet oder Scholz, regeln neuerdings die Grünen und die FDP unter sich – eine nie dagewesene Interpretation des Wählerwillens. … Was eine Koalition sich schliesslich als Programm aushandelt, hat auch keiner gewollt oder gewählt; nicht zu sprechen von dem, was sie am Ende tatsächlich umsetzt (nimm die SPD mit Harzt 4 oder der Rente mit 67, oder nimm die CDU mit der Wehrpflicht, der AKW-Abschaltung, der Ehe für alle, oder nimm die Grünen mit dem Militäreinsatz im Kosovo).
Die Kritik müsste natürlich ausführlich und tiefenscharf dargelegt werden; mir kommt es für den Moment nur darauf an, ein mehr oder weniger grosses Delta zwischen „unserem Demokratie- und Staatsverständnis“ und unserer Staatsrealität auszuweisen.

Dazu möchte ich in einem zweiten Punkt darauf hinweisen, dass die rund 55.000 Seiten, die die Gesetze des deutsche Rechtssystems abbilden (siehe: Beck-Texte im dtv) es ausserordentlich erschweren, zu irgendeiner Entscheidung zu gelangen – gleichgültig, in welcher Frage – und schnell schon mal gar nicht. Das Energierecht z.B. umfasst 2.116 Seiten: wer hätte da den Mut, einfach mal eben einen Schalter umzulegen? Natürlich liegt ungefähr dort der Punkt, an dem Dirk Specht „die Behäbigkeit“ diagnostiziert; und wie er kritisiere ich die. Nur resultiert dir zugleich aus einer überaus vertrackten und in vielfältigen föderalen Abhängigkeiten verstrickten Rechtslage, die ein Handeln INNERhalb des Rechtes als eine Mischung aus Kafka, Triathlon und Labyrintherkundung erscheinen lässt. Das politische Tempo ist eine zwangsläufige Folge, (meistens, na? …: oft) keine willentliche Verschleppung.

Mein besonderes Steckenpferd, der dritte Merk-Punkt zu Fragen der Demokratie, ist die Rolle der Medien im Einzelnen und der asozialen Medien im Besonderen. In den zurückliegenden Wahldiskussionen (Trielle, Talkformate, Richtungstexte …) wurde dem Rat-suchenden Publikum ein Potpourri von Fragen und Antworten vorgestellt, das mit den anstehenden Problemen wenig und mit etwaigen Lösungsaspekten gar nichts zu tun hatten. Eine einzige grosse, mediale Nebelmaschine. Inzwischen beklagt sich Bernd Ulrich (auf ZEITonline), dass die Ampel-Koalitionäre – jetzt sozusagen auf der anderen Seite des Pendelausschlages – sich dermassen in Schweigen und Diskretion versteigen, dass damit bereits eine Art von Regierungsverweigerung und -versagen vorliege. Ich schätze Bernd Ulrich als einen der Leuchttürme im deutschen Journalismus, aber hier liegt er daneben: nicht nur gibt es eine Regierung, die für das tagespolitische Geschäft zuständig und mandatiert ist. Vor allem aber wäre jedes i-Tüpfelchen, dass die Koalitions-Verhandlungen nach draussen in die Welt verlassen würde, einem solchen Tsunami an Meinungen und Interessen ausgesetzt, dass alsbald nichts mehr davon übrig bliebe. Anders gesagt: Unsere mediale Öffentlichkeit – ich habe hier schon oft darüber gesprochen – zerbröselt und vernichtet und konterkariert das politische Handeln, wo und wie es sich auch zeigt – und zwar als Markt-orientierte Aufmerksamkeit-Ökonomie; allerhöchst dynamisch, von Behäbigkeit keine Spur!

II.
Demgegenüber über China zu diskutieren, ist deswegen lohnend, weil sich hier ein Staat in einem Ausmass handlungsfähig gemacht hat, dass es nur so rauscht. Die Entschlossenheit und das Tempo sind solange atemberaubend und bewunderungswürdig, wie man nicht z.B. an die Millionen von Zwangsumsiedlungen denkt, die dem drei-Schluchten-Staudamm geschuldet waren, oder den Untergang der Shanghaier Strassenmärkte beklagt, oder den Umgang mit HongKong oder den Uiguren ins Feld führt. Wohnungsnot? In China entstehen Stadtteile für 50.000 Einwohner in dreieinhalb Jahren. Corona? Dann wird eine 10-Millionen-Metropole mal eben militärisch abgeriegelt. An Entschlossenheit herrscht in China kein Mangel, und auch die leidigen Rechtsfragen sind geklärt, bevor jemand auf die Idee kommt, danach zu fragen: China wurde die Werkbank der Welt, nachdem sie jedes Copyright in seine Prim-Faktoren zerlegt hatten: Copy? Right! Willst Du hier Geschäfte machen? Gibst Du uns Dein Know how. Punkt. Und wo gehobelt wird, …

Nur der Deutlichkeit wegen, stell ich die chinesische Frage mal anders herum: Wo wohl wäre China, hätte das Land unter Deng Xiaoping die deutsche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zur Blaupause seines Staatsumbaus gemacht (for the sake of the argument: das unterstellt, 1979 hätte das chinesische Volk institutionell und demokratisch sozusagen „deutsch denken“ können)? In anderen Worten frage ich mich oft, wie weit man wohl kommt, wenn man mit 1,4 Milliarden Menschen Demokratie und Interessenausgleich veranstaltet.

Die Frage, die das chinesische Modell jedoch für uns heute aufwirft, ist die: Wie lässt sich eine vergleichbare Handlungsfähigkeit auf der Grundlage unseres Gesellschaftsverständnis entwickeln (und ob überhaupt)? Dass wir darauf eine Antwort finden müssen, das sehe ich wie Dirk Specht. Allerdings: „Ich verstehe diese Fragen; aber verstehen Sie bitte, dass ich darauf keine Antwort geben möchte. Warum: Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.“ 

III.
Ich schreibe diesen Blogbeitrag, weil ich nicht glaube, dass wir mit Hinweisen auf mangelnde Entschlossenheit oder Behäbigkeit dem Thema gerecht werden. Hier muss man deutlicher werden, vor allem aber muss man die vielen tabu-bewehrten Diskussionen führen, die hinter diesen Fragen stehen; und deren erste ist: Ist „unsere Demokratie“ den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen?

  • Exkurs: Dass Tabus jeden fruchtbaren Austrag verhindern, hat viel damit zu tun, dass rechte, querköpfige und populistische Kräfte diese konstitutionellen Konflikte erkannt und mit hämischer Berechnung usurpiert haben. Mit dem Ergebnis, dass es regelrecht sozialgefährlich ist, sich zu Fragen der Demokratie zu äussern, ähnlich, wie in Genderfragen einen falschen Zungenschlag anklingen zu lassen, oder, um es allgemeiner zu sagen, wie inzwischen fast überall, wenn jemand vom angesagten Mainstream abweicht. Verkürzung, Verdächtigungen und Denunziationen verhindern in NullkommaNix jede Debatte, im Zweifel auch mit Lautstärke oder strafendem BeSchweigen.

    Ich selbst bin in Diskussionen aufgewachsen: der all/tägliche! (intellektuelle) Streit war Teil meiner Erziehung: über dem Kaffeetisch tobten kriegsähnliche Schlachten um linksradikale, SPD-konservative und Herbert-Hupka-Statements. Ich habe, wie ich glaube, ausserordentlich davon profitiert, dass das möglich war, Türen knallen inklusive, – und doch den familiären Zusammenhalt nicht gefährdet hat. Heute bricht das Gespräch ab, bevor es überhaupt zu einer Konfrontation kommt. Ende Exkurs.

Natürlich macht dieser Exkurs nur Sinn, wenn ich denn auch tatsächlich anderer Meinung bin. Tatsächlich glaube ich nicht mehr an die Demokratie, nicht, wie sie in Deutschland, Europa, dem Westen verfasst ist. Der zentrale Punkt dabei ist, dass unsere Gesellschaft das falsche, Gemeinwohl-schädliche Verhalten befördert, insbesondere, indem es eine gewichtete Interessenpolitik zulässt (gewichtet meint, fernab jeder Gemeinwohlorientierung: Je mehr Geld das Interesse auf die Waage bringt, desto mehr Gewicht wird dem Interesse eingeräumt).

Das Beispiel liegt ja auf der Hand:
Wer, wie ich, die politische Ökologie seit der Gründung der Grünen verfolgt, kann nur über der Entwicklung verzweifeln. Jahrzehnte-lang wurden die Kritiker von den einschlägigen Interesseninhabern (durch Abstreiten und Lügen) genötigt, sich im Nachweis ihrer Thesen zu verkämpfen – eine verschlagene Hinhaltetaktik nach dem Vorbild der Tabakindustrie: die klimatologischen Risiken der CO2-Emissionen waren schon in den 1950er Jahren bekannt und benannt – und es waren, btw, Babyboomer, die ihre Lebensleistung in den Dienst dieser Aufklärungsarbeit gestellt haben. Nur waren sie damals so in der Minderheit, wie die fff-Aktivisten heute auch (die immerhin international vernetzt sind).     

Der Klimawandel ist das schwerwiegendste Beispiel für das, im Wortsinn, nachhaltige Versagen der westlichen, demokratischen Verfassungen; es ist natürlich nicht das einzige.

Nur: welche Revolution hilft da heraus?

Und vor allem: wie nur kann es gelingen, die „nötige Entschlossenheit“ auch zu materialisieren, ohne das demokratische Kind mit dem Bade auszuschütten? Das gesuchte Modell kann doch eigentlich nur irgend-so-etwas wie eine „autokratische Demokratie“ sein – oder so; und die "oder-so"-Schwammigkeit kommt nicht von ungefähr! Das chinesische Modell schert sich nicht um den Einzelnen, das westliche Modell schert sich nicht um das Gemeinwohl. Wie soll man das ver-mitte-ln? Ich favorisiere in dieser Frage seit einiger Zeit die Unterscheidung:

Überleben geht vor Leben.

Diejenigen Gesellschaftsfragen, die das Überleben betreffen, sollten getrennt werden von jenen, die das Leben ausmachen, und in einem vom herkömmlichen demokratischen Prozedere abweichenden Verfahren behandelt werden.

Beispiel: Ich meine, es ist überaus rational, in Sachen Klimawandel „jede weitere Diskussion zu unterbinden“: Die Fakten liegen auf dem Tisch, die notwendigen Massnahmen sind benannt – möge das „chinesische Modell“ sein Kraft entfalten. Nachdem Christian Lindner sich im Wege der Sondierung die 130er-Limitierung für seinen Porsche verbeten hatte, fragte Markus Lanz einen FDP-Vertreter: „Lieber nicht regieren als langsamer fahren?“ Genau! Wer will solche Diskussionen führen? Umgekehrt: nicht lang schnacken! Kohle abschalten, Verbrenner ausmustern, Unsinn verbieten, gleich morgen die Subventionen für Kerosin, auch nur ein Beispiel. Nicht 203x oder „idealerweise“ …, sondern: Wenn es (noch immer) was zu diskutieren gibt, dann nur die Frage: wie geht es schneller?

Oder Corona, und da geht mir fast schon das Messer in der Tasche auf: Mein Dienstleister, z.B., lässt mich wissen „Wissen Sie, ich halte nicht so viel von diesen Impfgeschichten.“ Minus 3G minus M: Nicht geimpft, nicht genesen, nicht getestet und keine Maske! Puhhh! Jetzt hab ich mir, durchgeimpft und in 14 Tagen für den Booster terminiert, trotz Maske einen Corona eingefangen, weil mein Dienstleister in dieser Frage seine maximal qualifizierte Position einnimmt. Die gilt es zu schützen. Die vierte Welle schwappt hoch, wie keine andere, aber bitte: Meinungsfreiheit und so. Ich werd vielleicht daran sterben, aber was soll’s: keine Gewalt!

Also gut: sind wir nicht naiv!

Wenn man so denkt und fordert, gerät man rasch an die Schwelle, aufkommenden Widerstand unterbinden zu müssen. Diese (in der Tat: lausige) Diskussion hält uns seit Corona im Schwitzkasten, und zwar, weil neuerlich die Tabus ins Spiel kommen. In unserer Expertengesellschaft lässt sich niemand auch nur irgendwas verordnen; schon werden die Gerichte bemüht! Vorsicht: mein Fuss, mein Schlips, Vorsicht, ich bin nämlich sensibel. Oh. Oh. Oh. (Und ich rede natürlich nicht von einer medizinischen Indikation.)

Ich meine, dass die Tabus in unserer Gesellschaft die falschen Positionen beschützen; die müssen einmal – mit Mass und Mitte natürlich – schwungvoll vom Tisch. Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebe von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann … nun ja, Herr Böckenförde, das aber kann so nicht weiter gehen: Wenn wir „von Voraussetzungen leben“, dann muss der Staat die auch garantieren, durchsetzen! Im Zweifel muss er das Gemeinwohl gegen das Interesse verordnen, sei es eine Grenze, eine Impfpflicht, eine Geschwindigkeitsbegrenzung …, und das muss er auch durchsetzen.

Ich dagegen muss einräumen:
Wenn, wie ich das denke, das Überleben in den Vordergrund rückt, wird das Leben nicht ungeschoren davon kommen: wie denn auch! Dass der Herr Lindner seinen Porsche nicht mehr ausfahren kann, wird ihn schlaflose Nächte kosten, keine Frage. Dass mein Dienstleister ein paar Nebenwirkungen kassiert, keine Frage, und vielleicht wirft es ihn, wie mich, für einen Tag oder zwei aufs Lager. Dass die Kohlekumpel ein Schicksal erwartet, keine Frage, das ist wohl so. Umgekehrt aber gilt auch: Den Herr Lindner bringt das nicht um. Und die Nebenwirkungen meinen Dienstleister auch nicht, das darf man wohl so sagen. Und was die Kohlekumpel angeht: da steht nun das Wohl von Generationen gegen deren Interessen. Vermutlich wird der Staat alles dafür tun, diese Schicksale abzufedern; ein Schicksal bleibt es für jeden. Auch wenn ich zu bedenken gebe, dass wir seit vier Jahrzehnten über das Klima debattieren und Berufsentscheidungen in Kenntnis der Diskussion gefällt wurden.

Also, wenn es nach mir ginge, so stünden Überlebensfragen nicht zur Disposition eines von wem auch immer bestrittenen Diskurses; auch nicht, wenn sie in das Leben eingreifen. Dann aber fragt sich natürlich, welche Überlebensfragen, und wer darüber und über die Konsequenzen entscheidet. Schon die „Dramatik des Überlebens“ legt nahe, dass es nur um wenige Fragen gehen kann; Klima, Ökologie, Pandemien, vielleicht … auch Finanzen (im Sinne Finanzindustrie, nicht Realwirtschaft), vielleicht … Digitalisierung (wenn es um eine „starke KI" geht) … . In diesen grundlegenden Fragen muss es um die Ausrichtung gehen (beipielhaft: CO2-Emissionen auf Null bringen), und um die ausführenden Details nur insoweit, als keiner sich in den Details nicht um die Entscheidungen herummogeln darf. Und natürlich käme auch eine sozusagen nicht-demokratische Durchsetzung dieser Überlebensbedingungen nicht ohne Augenmass aus! Soweit das WAS, und bei all meiner Gott-gleichen Weisheit: ich entscheide es nicht! Dann bliebe das wer?

In den zurückliegenden Jahren mussten wir uns an verschiedene Berater und Kommissionen gewöhnen, die ohne jede demokratische Legitimation grosse gesellschaftliche Entscheidungen trafen: Riester, Hartz, die Stiko oder das RKI – und auch die Eurogruppe, oder die Zentralbanken. Dabei klingt es eigentlich doch ganz vernünftig, in politischen Sachthemen auf Experten zu hören: wenigstens wissen die, anders als Herr Scheuer, wovon sie reden. Es ist eine konzeptionelle Frage: man müsste es nur richtig machen!

Bei den bislang bekannten Expertengremien laufen doch vor allem drei Dinge stets in die falsche Richtung:

  • ihre Entscheidungen betreffen das Gemeinwesen, von dem sie kein Mandat haben;
  • sie sind politischen Drücken und Interessen ausgesetzt, die sachfremde Aspekte einschmuggeln;
  • und schliesslich fehlen ihnen auch alle Instrumente der Durchsetzung.

IV.
Angefangen habe ich mit der von Dirk Specht diagnostizierten fehlenden Entschlossenheit und europäischen Behäbigkeit. Stellen wir die in Rechnung, kann ich, könnte die Öffentlichkeit lange darüber filusofiern, was wohl der rechte Weg aus all unseren Krisen wäre. Ich fürchte schon länger, dass nur eine Art Crash die notwendigen Änderungen erzwingt.
ABER!
Ausgerechnet von Milton Friedman stammt die Erkenntnis, dass eine Gesellschaft in der Krise nur auf die Modelle zugreifen könne, die schon „da sind“. Logisch. Wenn erstmal Krise ist, ist keine Zeit für langwieriges Wägen, Prüfen und Nachdenken. Und nur deswegen, glaube ich, macht es Sinn, gegen alle Wahrscheinlichkeit nachzudenken, gegen den Mainstream, gegen das Schreien und das Schweigen: Modelle zu finden, Optionen zu diskutieren.