Tödliche Geheimnisse

ein Film "wie Trump seinen Wahlkampf macht"

... jetzt mach mal halblang

 

Ich habe den Film verpasst, und next … Heute morgen sehe ich in meiner Timeline, dass Sascha Lobo eine Kritik gefällt. #SaschaLobo hat meinen Respekt, er hat viele gute Sachen gesagt, und wenn er sich mal den albernen …, zur Sache: deswegen schau ich mir mal die Kritik an.

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Hhm, ein Film, wie Donald Trump seinen Wahlkampf geführt hat. Heisst es da. Fakten werden ignoriert, heisst es da, von Populismus ist die Rede. Ich überflieg das nur. „Sarah Wagenknecht und Alexander Gauland werden in trauter Eintracht applaudieren“. Joi, das ist starker Tobak. Zumal bei der Besetzung: Anke Engelke, Nina Kunzendorf, Katja Riemann … kann ich mir irgendwie gar nicht vorstellen.
Anyway, let’s go to work. Und next.

Am Abend stell ich fest, padauz, dass ich den Film aufgenommen habe. Ja, da schau her?, kann mich gar nicht erinnern. Hhm. Eigentlich wollte ich, … „Natürlich wird dieser Film Applaus bekommen: Mit seinen dumpfen Vorurteilen, gespeist aus Halbwahrheiten und antiamerikanischen Tendenzen, …“ – ich sach mal so: wenn die Recht haben, ist das vertane Zeit. Wenn die Unrecht haben, muss ich noch mehr Zeit vertun; also: ich mein - weil ich mir dann selbst eine Meinung bilden muss. Nachdenken und so. phhh …

Du ahnst es.
Würde ich sonst davon berichten?

Hat jemand von Euch „Network“ gesehen, von Sidney Lumet? Ja, ein Hammer, der Film, wenigstens damals. Reine Fiktion, klar, aber es war auch klar, dass die US-networks gemeint waren. Ohne Ausnahme. Sehr einseitig, der Film, also wie der die Arbeit der networks bis zur Erkennbarkeit übertreibt.
Ich glaube trotzdem, dass die für die Quote - wie im Sprichwort - über Leichen gehen.

Erinnert sich noch jemand an „Wall Street“ - mit Michael Douglas? „Gier ist geil!“ Klasse Film, übertreibt das Börsengeschäft bis zur Erkennbarkeit. Aber stimmt schon: reine Fiktion.
Glaub ich trotzdem.

Und jetzt kommt dieser Film daher, „Tödliche Geheimnisse“. Und wenn man das einmal bis zur Erkennbarkeit verkürzt, so sagt der Film, dass Monsanto über Leichen geht, und dass TTIP dazu den Steigbügel bereithält. Sehr einseitig. Ist natürlich reine Fiktion. Verschwörungsfiktion.
Glaub ich trotzdem.

Wie kommt das? Bin ich blind? Habe ich die Fähigkeit zu einer distanzierten Beurteilung verloren? Nie besessen? Merke ich denn nicht, dass das Propaganda ist? „Das ist tragisch, weil es die Debatte um das transatlantische Freihandelsabkommen nicht nur verzerrt, sondern opponierende Argumente überhaupt nicht zulässt: Dieser Film zeigt keinen einzigen Befürworter von TTIP, der reinen Herzens seine Überzeugungen vertritt.“ Heisst es in der Kritik (die übrigens auf #quotenmeter.de erschienen ist).

Was bitte ist denn das für eine Kindergartenargumentation „… der reinen Herzens …“; geht’s noch? Jetzt mal unter uns: KANN bei einem Freihandelsabkommen irgendetwas dabei sein, von dem man „reinen Herzens“ überzeugt sein kann? Geht es um die Kunst? Um die Liebe? Um die Mitmenschlichkeit? Das ist Politik, stupid, Interessen“ausgleich“, wenn’s gut geht, meistens geht’s schief! Weil der Stärkere den Schwächeren …, usw. also ich bitte Euch, das ist Grundschulwissen! Aber das ist ja nur die linke Hälfte vom Schwachsinn dieses „Argumentes“: Muss, sollte denn ein Film einem Proporz genügen? Wollen wir jetzt auch noch in die Statuten schreiben, dass der Ausgewogenheitsfetisch im Drehbuch berücksichtigt gehört? Vielleicht noch mit Uhr, wer wie lange welches Argument vorgetragen hat?

Ich fass das mal zusammen: ich käme nicht auf die Idee, den Film über den grünen Klee zu loben. Dafür fehlt es mir an Suspense, und auch das Drehbuch hat, ohne das ich das jetzt ausführen will, Schwächen (die Rolle des Konvertiten Holthausen ist eher melodramatisch als analytisch angelegt; die inkriminierte Gesellschaft hat nur eine [?] deutsche [?] Eignerin, die aber verkauft [?] hat oder was und die aber dennoch Gesellschaft allein vor der Öffentlichkeit vertritt - und vielleicht würde mir bei sorgfältiger Überprüfung noch dies und das einfallen). Aber den Film als aus dem Abgrund der Verkommenheit entstiegen zu beschreiben, das grenzt, meine Meinung, an mentaler Eintrübung.

Da seien etwa die Charaktere holzschnittartig. [?] Wer? Anke Engelke liefert ein sauberes Stück Fernsehspiel, vielleicht nicht ganz atemsicher bei den Schreipassagen, aber sonst: betroffen, sentimental, hilflos, empathisch, euphorisch, kühl, bestimmt, zärtlich, rücksichtsvoll, rücksichtslos, berechnend, brutal, überzeugt udn vielleicht auch bestechlich. Das nenne ich einmal einen soliden Holzschnitt! Und der Holthausen - er ist, denke ich, psychologisch unsauber charakterisiert, aber simpel? Vereinfacht? Ein straighter PR-Stratege, ein zerrissener Ehemann und Vater mit Geliebter, ein Whistleblower schliesslich, nachdem!, so behauptet es zumindest der Film, er Kenntnis von den Auswirkungen des Giftes hat. Nicht zu vergessen das feine Spiel des Sohnes Max. Der in seiner Trauer und auch Verzweiflung über die Abwesenheit des Vaters eben nicht „zu“ macht, immer noch hören kann, immer noch abwägen kann, auch glauben will …

Und schliesslich ist das Stück sauber gefilmt, gut bebildert, wie ich finde überzeugend zwischen Kino und Alltag wechselnd.

Gut. So hab ich das gesehen. Mag ja falsch sein. Übrigens kenne ich auch das Phänomen, dass man sich in eine Gefühlswallung (plus oder minus) hineinsteigert.

Bis hier her ist das daily criticism. Dahinter jedoch vermute ich etwas anderes, eine Deformation der Wahrnehmung und mehr noch eine Deformation des Vortrags. Die Kritik, auf die ich mich hier beziehe, nimmt den Film und sich selbst ernst. Aber dabei übertreibt sie es. Besonders dieser unreife Vortrag, wonach ein Stück Fiktion ausgewogen zu sein habe, zeigt, dass die Kritik nach etwas Grundsätzlichem fingert, das die Sache nicht her gibt (mir könnte hier das Gleiche passieren). Das ist ein Stück Unterhaltung, ernste Unterhaltung, sagen wir wie E-Musik, lang ist’s her. Weder das Format, noch die Anlage der Geschichte tritt auf, als könnte sie über den Tag hinaus Gültigkeit reklamieren; alle wissen das, auch das Publikum. Wir machen hier ein gutes Stück Alltag, mehr nicht.

Auch wenn die Zeiten so zur Aufgeregtheit neigen, es sollte uns gelingen, die Energien, auch die emotionalen, auch die kulturellen, dahin zu richten, wo es wichtig ist.