Er hat seinen Twitterkanal, den nur Twitter abschalten kann. Bei ~80 Mio Followern ist es egal, was die versammelten US-Medien schreiben oder sagen. Nach dieser Wahl ist die erste Nachricht mit Bestand, dass Donald Trump nicht aufhören wird, das Land zu destabilisieren.
Trump bleibt Präsident
They have stolen my votes!
wird er behaupten!
Der Link zu den CNN-Daten – vor allem der exit polls – ist im Text hinterlegt
Dagegen hilft nur, wenn überhaupt etwas, ihn schnell für seine kriminellen Machenschaften zur Rechenschaft zu ziehen – so sie sich nachweisen lassen. Auf meine Unschuldsvermutung jedenfalls sollte er nicht wetten ...
PTBS
Man darf Fehler machen, aber man sollte den gleichen Fehler nicht zweimal machen. Die Umfragen lagen daneben. Der gleiche Case, vier Jahre nichts gelernt? Wochenlang dokumentierte die ZEIT die Umfrage-Zusammenfassungen von FiveThirtyEight, nach denen zuletzt eine 90 Prozent Wahrscheinlichkeit bestand, dass Biden gewinnt. Sie taten das unter ALLEN denkbaren Vorbehalten, journalistisch ist das ... ok. Auch faktisch ist es schwer, dagegen zu halten; das liegt in der Natur der Statistiken. Auch eine 99:1 Chance für Biden impliziert die Möglichkeit, dass Trump gewinnt.
Und doch ist es zutiefst verstörend, dass diese krasse Wahrscheinlichkeit in der popular vote zu einem knappen Kopf-an-Kopf-Rennen geführt hat (Stand 5-XI, 10:00, 48:50,4 Prozent für Biden). Eigentlich ist alles an dieser Wahl verstörend. Es kräuselt mir die Stirn, wenn ich mir die Wahlkarte auf County-Ebene anschaue: Bei soviel rot kommen einem schon Zweifel, wo die Wähler der Demokraten eigentlich herkommen könnten.
Je intensiver man sich mit den US-Wahlen beschäftigt und Korrespondenten und Kommentare verfolgt hatte, desto verwirrender ist das Bild danach. Ein Erdrutschsieg erschien möglich, Trump hatte abgewirtschaftet, seine Angriffe auf die Grundfesten der Demokratie, auf Vernunft und Anstand, Covid 19 schliesslich, das alles hatte ihn doch zur Strecke gebracht, oder? Mit Ausnahme von einer Handvoll Blätter und Blättchen hatten sich die führenden Medien des Landes mit Wahlempfehlungen (wieder mal) hinter dem Demokraten Biden versammelt, schrieb die FAZ.
Es ist, irgendwie, wie vor der französischen Revolution: Die sogenannten Eliten haben keine Ahnung, in welchem Land sie leben. Diese unfassbare Realitätsblindheit ist erstaunlich, es sind aber auch Faktoren im Spiel, die man „den Eliten“ nicht anlasten kann:
Jeder der Umfragen macht oder sich mal damit beschäftigt hat weiss, dass die Frage die Antwort bestimmt: „Wen werden Sie wählen?“ ist eine sehr andere Frage als „Sind Sie eigentlich für oder gegen Trump?“ Ich weiss natürlich nicht, wie in den Umfragen gefragt worden ist, aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass bei den Antworten AUCH gelogen wurde. Da gibt es in der Berichterstattung den Begriff des „shy voters“, das sind solche, die „sich nicht trauen“, ihre Präferenz für Trump auszusprechen. Kann sein, dass es die gibt, ich halte eine andere Variante für wahrscheinlicher: „Glaub Du ruhig, dass ich für Biden bin! Und am Wahltag wird ausgezählt.“ Von allein wäre ich nicht auf diese Idee gekommen; der Verdacht kam mir erst, als mir ein Freund einmal erklärt hatte, dass er noch nie in einer Umfrage seine wahre Meinung gesagt habe. Hinzu kommt ein anderer Aspekt, der linksliberalen Europäer eher unverständlich ist: Amerikaner glauben, dass es niemanden etwas angeht, was sie wirklich denken.
Deswegen ist es auch kein gesichertes Terrain, wenn man exit polls interpretiert – die haben aber immerhin den einen Vorteil, dass etwaige Spekulationen der Befragten darüber, ob und wie ihre Meinungsäusserung (hier:) auf die Wahl Einfluss nehmen könnte, obsolet sind. Andererseits ist es natürlich die Frage, wer wen fragt, wer wen wo fragt und in welcher Mischung die Antworten statistisch zusammengeführt werden. In den CNN-Daten ist das Meiste naheliegend, ein paar Punkte jedoch überraschen mich: Dazu zählen die um 14% höheren Zustimmungsraten zu Trump in den höheren Einkommen (100-200 t$), sowie die hohen (49%) und um 25% höheren Zustimmungsraten unter weissen Collegeabsolventen (gegenüber Voters of color). Tatsächlich kann man diese Daten nur verstehen, wenn man sie mit den Abstimmungsergebnissen auf County-Ebene korreliert.
It’s not over til it’s over
Jetzt sieht es so aus, als wenn Biden gewinnt. Wen kann das beruhigen? Der kluge Wähler hat in Kongress und Senat seine Meinungen zu diesem und jenem hinterlassen – und sichert so der kommenden Regierung den Spass bei der Arbeit. Bis auf Weiteres wird die Wahl die Welt von der Arbeit abhalten und uns damit beschäftigen, welche Gerichte Donald Trump mit welchen „Theorien“ belästigt. Und wer weiss, vielleicht veranstaltet Trump im Januar den ersten Proud Boys Kongress, vielleicht in Washington? Mit Keynote Speakers aus der Ukraine, Syrien oder dem Kongo.