Unsere Freunde und Partner

Das europäische Interesse wendet sich ab

Die Nato wackelt

 

"Die USA haben keine Freunde, sie haben Interessen." (war es Kissinger?)
Die Rede von den Freunden und Partnern war, ist und wird sein: misleading. In der Politik geht es um Interessen.

Das deutsche und das europäische Interesse wendet sich ab von den USA.

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Woher eigentlich die „Freundschaft“ zu den USA?

Sie waren unsere Befreier vom Faschismus, das ist eine gängige Darstellung. Naja, der Grenzverlauf am Kriegsende war einem Nachkriegskalkül geschuldet. Und: den eigentlichen Blutzoll im Krieg mit dem deutschen Faschismus und bei der „Befreiung“ haben die Russen gezahlt: 27 Millionen Soldaten und Zivilisten. Knapp eine halbe Million US-Amerikaner (inkl. der Verluste im Pazifik). Die Schäden und Verluste, die Deutschland der Sowjetunion beigebracht hat, sind auch ursächlich dafür, dass sich die SU ausgiebig (so gut es halt noch ging) mit Reparationsleistungen bedient hatte, während die USA von ihrer „unbeschädigten Heimaterde“ aus (sicher: Pearl Harbor, aber sonst ...) prima Kaugummi und Schokolade liefern konnten. Auch hatten die „Amis“ nicht die gleiche existentielle Wut im Bauch wie die Russen und haben Frolleins lieber geködert als vergewaltigt.

Und dann der Mashall-Plan und die Care-Pakete, die Rosinenbomber nicht zu vergessen. Und Hollywood. Propagandistische Glanztaten, die den USA 20 Jahre lang die schönsten Handelsbilanzüberschüsse beschert haben, die sie heute (umgekehrt) auf das Entschiedenste bekämpfen.

Plus: Dass sich der kalte Krieg auf deutschem Boden irgendwie besser anfühlte, als zum Beispiel auf Kuba, jeminee, wer will es dem Ami verdenken?

In aller historischen Gerechtigkeit: die "Freundschaft" zu den USA lässt sich auch als das Resultat geschickter Taktiken und einer äussert geglückten PR-Kampagne erzählen (In meinem Facebook-Post hat Siggi Becker dazu ein paar hilfreiche Bemerkungen gemacht).

Anyway: meine Ressentiments sind auch das Ergebnis enttäuschter „Liebe“ (Faszination, Sehnsucht ..., diese Richtung). Jetzt aber, die Zeitläufte ändern sich, treten deutsche und europäische Interessen in den Vordergrund, die sich von den nostalgischen Restbefindlichkeiten freischaffen müssen.

Schauen wir auf die Karte; das ist sehr belehrend.

...

Ich will das noch mal ergänzen: traditionell bin und war ich ein americophiler Antiamerkanist; in meiner Jugend hatte das Eine mit dem "grossartigen Land" zu tun und das Andere mit dem "Kapitalismuskrebs". Über die Jahre und mit dem Alter usw... Ich denke also darüber nach, ob es diese alten wiedererwachenden Ressentiments sind, die mich jetzt bewegen, und stelle dabei fest, dass sich Wesentliches geändert hat. Und das hat mit dem deutschen, europäischen Interesse zu tun, das - jenseits des ollen linken Gemähres - sozusagen aus der Mitte eines demokratischen und rationalen Eigeninteresses kommt.
Es ist ein NEUER Antiamerikanismus, der in mir gewachsen ist.

05-06-2018

Knapp eine halbe Million »gefallener« US-Amerikaner ist also in Ihren Augen kein »Blutzoll«, der den Ehrentitel »Befreier vom Faschismus« hinreichend rechtfertigen würde? Bei wieviel Toten mehr gäben Sie denn Ihrem Herzen einen Schubs und urteilten: »Okay, ab der Zahl können wir mal drüber reden, ob hier Quantität schon in Qualität umzuschlagen beginnt?«

Ich bin guter Hoffnung, dass Sie die Argumentation des Posting verstanden haben, aber vielleicht kann ich das, was ich in dem "eigentlich" untergestellt hatte, besser ausdrücken: Schon Günther Anders hat darauf hingewiesen, dass sich Tote nicht "verrechnen" lassen.
NATÜRLICH haben auch die USA Europa und Deutschland vom Faschismus befreit und dafür einen bedrückenden Blutzoll bezahlt. Mir ging es darum, dass in "unserer kollektiven Wahrnehmung" ein Mismatch besteht/bestand, in dem wie wir die USA und Russland/SU in ihrer jeweiligen Rolle bei der Niederschlagung des Faschismus so unterschiedlich bewerten/bewertet haben; etwas polemisch in dem Sinn, dass wir es "dem Russen" noch immer übel nehmen, dass wir "ihm" so ein Leid zugefügt haben.
Es lässt sich nicht vergleichen, es lässt sich aber auch nicht leugnen, dass die Rote Armee einen ungleich grösseren Beitrag geleistet hat, den Faschismus "sturmreif zu schiessen" (gruseliges Vokabular ...).

Aus (mehrfachem) aktuellem Anlass möchte ich Ihnen Philip Roths Roman "Verschwörung gegen Amerika" zur Wiederlektüre empfehlen.

Sie empfehlen mir die Vorstellung, ich verkürze das, den Sieg des Faschismus zu imaginieren, WEIL sich Amerika etwa nicht engagiert hätte.

Zunächst bedanke ich mich für den Impuls.

Ich kenne das Gedankenspiel: „hätte, hätte, Fahrradkette“. Der Konjunktiv ist keine historische Option und unterhält – „Er ist wieder da“ – nur ein paar Taschenspieler. Wenn Historie und Imagination eine Funktion haben, so im Vorhinein; nachher sind wir alle schlauer. Ich werde Ihrer Empfehlung also nicht folgen.

Vielleicht sagen Sie mir, warum eigentlich?, dass ich mir mehr Mühe geben soll? Und vielleicht hilft Deutlichkeit: Der Anti-Amerikanismus meiner studentischen Jungend, das habe ich geprüft!, interessiert mich nicht. Mehr. Ich ahne jedoch, dass die Wurzeln des politischen (Pro-)Amerkanismus heute, wo denn noch vorhanden, ebenso ideologisch verknotet sind, wie meine Haltung früher (und gebe einen Hinweis, wie es möglicherweise dazu kam). Ich vermute Affekte, gelegentlich sogar nur opportunistisches Sprechen zum eigenen Lager.

Ich rede mit meiner und anderen Vergangenheiten. Ob fehlgeleitet oder ideologisch oder am Ende gar im Recht, sie sind vorbei. Im Vorhinein also sage ich, dass ein NEUER Anti-Amerkanismus nötig ist, ein existentieller, der sich nicht mit einem Herrn Trump aufhält, sondern sich mit geopolitischen, strategischen Überlegungen beschäftigt. Es ist doch so, Frau Dorn, sage ich mir: The Times, They Are a’Changing.

Wahrscheinlich schauen Sie gar nicht herüber, aber da Sie mir einen Hinweis gegeben haben, dem ich nicht gefolgt bin, habe ich auch einen, dem Sie selbstverständlich auch nicht folgen müssen: NSA, Eschbach. Naja, Eschbach eben, nur weil es zum Thema passt.