Das Dossier der ZEIT zum Bevölkerungswachstum stiftet Optimismus und wird für seine differenzierte Berichterstattung über den grünen Klee gelobt. Es hat Verdienste, zeigt es doch eindringlich, dass blosse Extrapolationen (wie in der Vergangenheit) falsche und damit auch politisch fehlleitende Prognosen erzeugt.
Verstörend
Ein Dossier zum Bevölkerungswachstum in der Zeit
irreführender Optimismus
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Zugleich ist das Dossier ein frappierendes Beispiel dafür, wie noch eine differenzierende Betrachtung unterkomplex bleibt und daher in die Irre führt.
- Auch in dieser Darstellung wächst die Weltbevölkerung, und zwar bis zu einem Peak bei ~9 oder (in der UN-Prognose) bei ~11 Mrd. Menschen.
- Dieses Wachstum entsteht in Asien („im mittlerer Osten“) und in Afrika.Aber
„Überbevölkerung wird langfristig kein Problem sein“ - „Dort, wo die Bevölkerung wachse, sagt Swiaczny, werde wenig emittiert. Eine nigrische Familie mit sieben Kindern besitzt kein Auto, wird wahrscheinlich nie fliegen und lebt vom Ertrag ihrer eigenen Felder. Ihr CO₂-Ausstoß tendiert gegen null.
Der Großteil der weltweiten Treibhausgas-Emissionen fällt dort an, wo kaum Kinder geboren werden, in Südkorea, China, Deutschland, dort, wo die Fabriken stehen, wo jedes Jahr, obwohl es weniger Menschen gibt, mehr geflogen, mehr Auto gefahren und mehr Fleisch gegessen wird.
Sollte die Welt daran scheitern, den Klimawandel zu stoppen, dann wird es nicht an den zusätzlichen Menschen im Niger liegen, sondern daran, dass die Industrieländer es nicht schaffen, rechtzeitig ihre Emissionen zu senken.“
Da fällt uns ja ein Stein vom Herzen! Und bevor das in die falsche Richtung geht: Vollkommen richtig ist, dass die entwickelten Länder in der Vergangenheit die allermeisten Emmissionen erzeugt haben und weiter in der Pflicht stehen, diese in Richtung auf Null zu steuern! Nur haben die Schwellenökonomien inzwischen aufgeholt und werden in der Zukunft den mehrheitlichen Eintrag verantworten.
Auch das ist richtig: Statt mit der Überbevölkerung werden im Gegenteil schrumpfende Gesellschaften mit sozialen Katastrophen zu kämpfen haben. Ein wichtiger Hinweis, denn die bestehenden Sozialsysteme, allen voran der Generationenvertrag, aber auch Gesundheit, Pflege und die ökonomische Wohlfahrt im Allgemeinen sind auf „pyramidale“ demographische Strukturen angewiesen. Die katastrophale Haupt- und Staatsaktion aber findet an anderer Stelle statt:
Das Dossier weiss (eigentlich) „Keine Region der Welt wird sich laut Prognosen der Vereinten Nationen schneller urbanisieren als Afrika.“
Leider wird diese Tatsache nicht in den Klimateil des Artikels eingepreist. Während die Bevölkerungsprognose den künftigen Teil des Zeitstrahls überspannt, bleibt die CO2-Betrachtung im Hier und Jetzt stecken. Es stimmt schon, dass der CO2-Eintrag dort, wo grosses Bevölkerungswachstum stattfindet, geringer ist (lassen wir einmal die Versteppung durch Holzverbrauch aussen vor).
Allerdings ist dort auch das grösste Wachstum zu erwarten.
Das Wirtschaftswachstum in Afrika liegt im Durchschnitt aller 54 Staaten 2015-2016 über 3%. Diese Entwicklung hält bereits seit Jahren an und hat zu einer strukturellen Verbesserung grosser Regionen geführt hat. Hinzu kommt, dass das chinesische (und bald wohl auch wieder das europäische) Engagement in Afrika mit starken Impulsen diese Entwicklung fortschreiben wird.
Es mag schon sein, dass wachsende Bildung das Bevölkerungswachstum stark reduzieren wird, zugleich aber wird genau diese Entwicklung – mit dem Entstehen einer Mittelschicht – die zivilisatorischen Nebenkosten in die Höhe treiben: Land-, Ressourcen- und Energieverbrauch, Müllproduktion. Und für China, Indien, Indonesien, Russland gelten diese Aussagen umso mehr, weil hier die ökonomische Entwicklung bereits kräftig an Fahrt aufgenommen hat.
Trotz seiner differenzierenden Berichterstattung argumentiert das Dossier fahrlässig und ist so in seiner politischen Wirkung fatal.