„Das ganze Treffen war umweht von einer absurden, operettenhaften Tragik und von so unangemessener wie unfreiwilliger Komik.” (Anna Sauerbrey in der ZEIT) Und die europäische Führungsequipe spielt mit; warum? Wer wollte glauben, die Europäer „verstünden“ nicht, mit welchem Gimpel sie es zu tun haben (mad king schreibt Anna Sauerbrey) – und wer und wo im Hintergrund die Fäden zieht (wenigstens das werden die Dienste doch wohl noch hinkriegen)?!
Dass es auf dem diplomatischen Parkett keine Alternative zu geben scheint, ist das Ergebnis einer Abwägung: Europa braucht Zeit, so Ivan Krastev, um seine Lücken zu füllen und Schwachstellen zu bearbeiten – lassen wir das für einen Moment so stehen; und für die Zwischenzeit – in der Hoffnung, dass das gut geht – legen die Europäer eine Schleimspur nach der anderen ins Weisse Haus.
Erbarmungswürdig dagegen ist, in welcher Mischung aus PalastGossip, Naivität und Ungebrochenheit der MainStream (sicherheitshalber: nicht Krastev!, nicht Sauerbrey und auch nicht Bittner) nachplappert, was er plappern soll; … Naja. Lächerlich, kindisch, wollte ich glauben, dass nur ich verstünde, was da gespielt wird. Das aber wirft eine andere Frage auf: Was ist das Ziel von jenen Kommentatoren, die immer noch von Trumps „Strategie“ schwafeln, die sich immer noch „besorgt“ zeigen über „Entwicklungen“, die über „Sicherheitsgarantien“ raunen – anstatt die Dinge beim Namen zu nennen … und dann, DANN weiter kommentieren! Jetzt hat Trump dies gesagt, und das könnte heissen …, jetzt hat er das gesagt, was aber das Gegenteil wäre ... „unberechenbar”, so die „vertretbare” Sprachregelung. Jesses! Wann endlich beginnen die MainStreamer mit ihren Recherchen und klären die Öffentlichkeit darüber auf, wessen Plan hier ins Werk gesetzt wird. Statt dessen werden weiterhin „sagbare Figuren” durch die Nachrichten getragen, und der kritische Journalismus tropft geradezu aus den Zeilen, wagt es eine, Trump einen, dramatische Sprechpause, „Narzissten” zu nennen.
Die nächste Frage ist dann: Warum machen die Europäer diesen Mummenschanz mit?
Ich glaube, Krastev ist auf der richtigen Spur, aber auch nicht ganz: Das Argument „Zeit“.
Die Corona-Krise hat gezeigt: es ist ein Medienargument, kein „materielles Hindernis“. Wenn es darauf ankäme, schnurrte das Zeitargument auf ein „Sofort“ zusammen. Das „Zeitargument” ein Platzhalter, man muss es umformulieren: Deutschland (und auch Europa) hat alles, was es braucht, schnell und entschieden zu handeln; der Wille fehlt, die Einstellung wackelt. Abstimmungen, Kompromisse, Interessen, Zuständigkeiten – das, in einem Wort, ist „Zeit“. Allein das Thema Auftragsvergabe
Ich kann, einerseits, natürlich nachvollziehen, wenn eine Staatsführung „in realistischer Einschätzung“ zu dem (internen) Ergebnis kommt, nur „bedingt abwehrbereit“ zu sein. Das aber öffentlich festzustellen, galt zu einem früheren Zeitpunkt als Landesverrat. Ich frage mich also schon lange, was die jeweils Zuständigen und Entscheidungsträger reitet, die „Schwächen“ und Verfügbarkeiten der Bundeswehr in aller Breite und Schönheit und öffentlich auszubreiten. Wenn nicht ganz konkrete Interessen?!
Wenn man, beispielsweise, ein Verteidigungsbudget in ungekanntem Ausmass aufstocken wollte, das aber nicht von langer Hand öffentlichkeitswirksam vorbereitet hätte, würde die (von niemandem mandatierte) Medienkamarilla einen solchen Plan auf das Genüsslichste zerfleischen – wie es regelhaft mit jedem anderen Regierungsplan geschieht, in den sich der mediale Mainstream nicht gebührend eingebunden sieht.
Ich denke daher, die tatsächliche „Abwehrbereitschaft“ der Bundeswehr – und ganz Europas – ist aus durchsichtigen Gründen top secret. Umgekehrt denke ich aber auch, dass es einen wahren Kern in all dem Gejämmer gibt: und das ist „die Haltung“, die Einstellung, das Engagement, und zwar – vom Politiker bis zur Studentin, von der Unternehmerin bis zum Sachbearbeiter – auf allen Ebenen.
Wenn einmal ein Regierungsflieger irgendwo auf der Welt ausfällt und aufgrund eines Schadens oder Fehlers nicht weiterfliegen kann, ist das ein höchst bedauerlicher Zufall. Geschieht es öfter, ist es Schlamperei. Wenn von all dem Blech, das in den Kasernen steht, nur ein Bruchteil fahr-, flug- oder schwimmbereit ist, ist das Schlamperei (oder Vorsatz, darüber könnte man streiten). Wenn die Bahn ihre Fahrpläne nicht auf die Reihe kriegt, ist das Schlamperei.
Oder, um es weniger polarisierend zu sagen: die gesellschaftliche Kommunikation (hat) versagt.
Damit wären wir bei der medialen Öffentlichkeit: Das Verständnis von einem kritischen Journalismus besteht heute darin, alles klein und kaputt zu kritteln. Weil: schlechte Nachrichten verkaufen sich besser. Nur gehen dabei auch die Grundlagen des Gemeinwesens über die Wupper. Nachrichten, wie das Wort schon heisst, kommen NACH den Ereignissen, NACH der Umsetzung. Deutsche Medien sehen ihre Aufgabe offenbar aber darin, erst gar keine Ergebnisse zuzulassen: irgendwas droht immer, irgendwas könnte schief gehen. Interessen könnten unberücksichtigt bleiben, oder Macher könnten zu Politstars aufsteigen: Da sei Gott vor, (und die Bild: Wer mit uns im Fahrstuhl nach oben fährt …). Wenn es eine dringende Aufgabe gibt, die von der Breite der Qualitätsmedien zu leisten ansteht, so besteht sie nicht darin, jetzt die nächste Regierungskonstellation kleinzusägen, sondern darin, die „Wehrbereitschaft der Nation“ wieder herzustellen, zumindest zu befördern die Haltung der Generation Anspruch zurecht zu rücken, die Selbstverständlichkeiten eines funktionierenden Gemeinwesens ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Und die europäische Einigung zu befördern!