Bret Stephens – ich habe ihn grob zusammengestrichen und empfehle deshalb, den (kurzen) Text im Original zu lesen. Der Mann ist also ein NeoCon. Jetzt könnte man sich darauf konzentrieren, was Neo-Cons sind und wollen, und dass die Falschen auch das Richtige vergiften. Diese Form des Lagerdenkens halte ich für frühes 20. Jahrhundert. Sinnvoll erscheint mir dagegen, festzuhalten, von wo bis wo (etwa) Übereinstimmung herrscht.
Dass Trump nicht satisfaktionsfähig ist, erscheint mir nicht als eine ideologisch induzierte (oder vorbelastete) Erkenntnis. Das gilt auch die Beobachtung, dass Putin das eigene Powerplay über jedes Rational stellt – hier allerdings sollte man festhalten, dass Putin – im Unterschied zu Trumps intellektueller Wirrnis – das Rational UNTER sein Powerplay sortiert. Er ist nicht unempfänglich, erratisch oder verbohrt, sondern skrupellos und hinterhältig; und das SIND rationale Kategorien, wenn auch negative.
Das Argument, dass China eine Niederlage der Ukraine als Ermutigung für ein Taiwan-Abenteuer sieht, sehen könnte, steht auf ungesichertem Boden. Der „ermutigende Teil“ besteht darin, dass die USA ein unzuverlässiger Alliierter sind – und daher es unwahrscheinlich/er sei, dass sie einen (Welt-)krieg für Taiwan riskieren. Das strategische Interesse der USA an Taiwan gilt vor allem anderen TSMC, einem der grössten Auftragsfertiger der Welt für Chips (auch für Nvidia). Im März wurde bekannt, dass das Unternehmen bereits laufende Investitionen in Produktionsstandorte in den USA von 25 Mrd. um weitere 65 Mrd $ erhöhen wird, um bis in den 3nm-Bereich in den USA lieferfähig zu werden. Diese und weitere Investitionen in Japan und Deutschland (11 Mrd. in Dresden) sowie Kooperationen mit Samsung werden dazu beitragen, das US-Interesse an Taiwan schrittweise abzuschichten.
Bei der Verfolgung seiner geopolitischen Interessen hat China einen langen Atem; wenn irgendetwas Einfluss auf seinen angekündigten unfriendly takeover von Taiwan hat, so ist es eher der TSMC-Baufortschritt in den USA, als die Entwicklungen im Krieg Russlands mit der Ukraine.
Diese Entwicklung steht und fällt mit dem Engagement Europas. Bret Stephens (und andere in den USA) mögen versuchen, auf die Trump-Administration einzuwirken – ich halte das für vergebene Liebesmüh. Immerhin könnte, könnte! die Diskussion IN den USA dazu beitragen, Waffenlieferungen an die Ukraine (via Europe und auf deren Rechnung) fortzuführen; wetten würde ich darauf nicht. Ich komme im Gegenteil zu dem Schluss, dass die europäischen Bemühungen, Trump „im Boot“ zu halten, davon ablenken und davon abhalten, eine eigene, geschlossene, militärische Strategie einzuleiten und zu verfolgen: EUTO!
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Die deutsche Kommentarlage hat sich darauf verständigt, dem Kanzler eine erhöhte Aufmerksamkeit für innenpolitische Belange abzufordern (mehr noch: die Koalition in dieser Frage fast schon für gescheitert zu erklären). Zugleich stellen sich (und oft sind es in persona die gleichen Kommentatoren) mit aufgerissenem Hemd an die Seite der Ukraine. Es ist bezeichnend für das intellektuelle Niveau der Mainstream-Öffentlichkeit, den double bind nicht einmal zu erkennen, geschweige denn zu priorisieren.