Demokratie

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Wer schon würde sich als illiberal bezeichnen? Allein der Hinweis auf Victor Orban genügt, um grösstmöglichen Abstand zu suchen. Ex negativo ist sofort klar, dass wir aber so was von liberal sind! Umgekehrt, sozusagen ex positivo, wäre dagegen gar nicht so einfach, den Liberalismus jenseit einiger Gemeinplätze zu definieren. Zufällig (?) haben Raymond Geuss und Francis Fukuyama ziemlich zeitgleich darüber nachgedacht, was Liberalismus ist und wie sie dazu stehen.

Es gibt einen Wikipedia-Eintrag für den Essay, eine „offizielle“ Definition der Gattung dagegen gibt es nicht. Man liegt nicht ganz falsch, in einem Essay den Versuch zu sehen, ein kulturelles oder politisches Thema in seiner Breite und Tiefe zu behandeln. Genau das macht es schwer, den Essay "Todesalgorithmus" von Roberto Simanowski zusammenzufassen.

Seit vielen Jahren belästigt mich das Gefühl, dass die Richtschnur des Handelns, unser Verständnis davon, was gut oder richtig ist, ins Wanken geraten ist. Wir bewerten etwas als gut, das dann einer Überprüfung nicht standhält. Wir wissen gar nicht mehr genau, was eigentlich gut ist (z.B.): Wachstum schafft Wohlstand UND Klimawandel. Unsere Vorstellungen sind mehrdeutig, ungenau. Im ersten Teil dieses Essays stelle ich Überlegungen zur inneren Dialektik von Wertvorstellungen an.

Worüber kann man, worüber muss man diskutieren? Diskutieren in dem Sinne, dass Meinungen, Haltungen, Standpunkte denkbar und auch dann noch akzeptabel sind, wenn sie unvereinbar auseinander liegen? Was nicht diskutiert werden kann, nennen wir ein Tabu. Immer wieder werden Tabus gebrochen: mal tanzt der Zeitgeist aus der Reihe, mal haben sich die tabuisierenden Umstände verändert.